Bündnis kritisiert die Änderung der Verwaltungsgebührenordnung

+++Legitime Proteste sollen durch Drohung mit Kosten unterdrückt werden

+++Herbert Reul macht was er will – die Grünen machen mit

Anlässlich der heutigen Anhörung im Innenausschuss des Landtags kritisiert das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“ die Änderung der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung durch Innenminister Herbert Reul. Mit der Änderung soll künftig das  „Tätigwerden der Polizei wegen einer öffentlichen Ansammlung auf Grund eines Aufrufes oder dessen Weiterverbreitung in einem sozialen Netzwerk “ den vermeintlichen Verursacher:innen in Rechnung gestellt werden, „wenn die Ansammlung die öffentliche Sicherheit oder Ordnung beeinträchtigt“. Weiterhin sollen Betroffene zur Kasse gebeten werden, wenn die Polizei ihnen gegenüber „unmittelbaren Zwang“ anwendet, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. Die Höhe der Gebühr kann bis zu 50.000€ betragen, für die Berechnung soll die Dauer des Polizeieinsatzes, aber auch die Anfahrt sowie Vor- und Nachbereitung maßgeblich sein.

„Herbert Reul wünscht sich Friedshofsruhe, statt einer lebendigen Zivilgesellschaft“, kommentiert Bündnissprecherin Gizem Koçkaya die Neuregelung. „Demonstrationen, Aktionen des zivilen Ungehorsams und andere politische Protestformen haben immer das Anliegen, durch wohldosierte Störung für öffentliche Aufmerksamkeit zu sorgen. Durch die hohen Gebühren sollen die Menschen davon abgehalten werden, für ihre politische Meinung auf die Straße zu gehen. Kleinere Störungen, etwa des Straßenverkehrs, gehen von jeder Demonstration aus“, führt Koçkaya weiter aus.

Bündnissprecherin Lola Münch ergänzt: „Die Gebührenordnung wurde sogar vor der Anhörung zu einem Antrag der FDP-Fraktion geändert. Hier zeigt sich, dass Schwarz-Grün offenbar sogar die neoliberalen FDP-Vorschläge auf der rechten Spur überholen will. Herbert Reul agiert wie immer als harter Law & Order-Politiker, die Grünen widersprechen nicht. Auch wenn die Rechtsverordnung nicht im Landtag zustimmungspflichtig ist, hätten zumindest die Minister:innen von Bündnis 90/ Die Grünen im Kabinett ihr Veto einlegen müssen. Hier hat man entweder gepennt – oder man ist heimlich mit der Reul’schen Innenpolitik einverstanden.“

Hintergrund: Durch eine Verordnung des Innenministers Herbert Reul vom 08.08.2023, in Kraft getreten am 12.08.2023, sind in der Anlage der neuen Allgemeine Verwaltungsgebührenordnung für das Land Nordrhein-Westfalen die Punkte 2.1.1.5 und 2.1.1.6 bzgl. Flashmobs bzw. unmittelbarem Zwang hinzugekommen. Gebühren für Polizeieinsätze werden in Stundensätzen je angefangene Viertelstunde berechnet und können in Summe von bis zu 50.000 Euro erhoben werden. „Unmittelbarer Zwang“ beschreibt die Anwendung von u.a. körperlicher Gewalt durch Polizeibeamt:innen, um ein bestimmtes Verhalten zu erzwingen. Ein Beispiel für die Anwendung unmittelbaren Zwanges war vergangene Woche in Dortmund zu besichtigen. Dort rissen Ordnungskräfte einem Aktivisten des Solidaritätskreis Mouhamed gewaltsam Flyer aus der Hand, da sie der Auffassung waren, diese dürften nicht am Rande eines Marktplatzes verteilt werden. Nach der neuen Gebührenordnung würde dies dem Aktivisten möglicherweise auch noch in Rechnung gestellt.