Bündnis kritisiert die Änderung der Verwaltungsgebührenordnung

+++Legitime Proteste sollen durch Drohung mit Kosten unterdrückt werden

+++Herbert Reul macht was er will – die Grünen machen mit

Anlässlich der heutigen Anhörung im Innenausschuss des Landtags kritisiert das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“ die Änderung der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung durch Innenminister Herbert Reul. Mit der Änderung soll künftig das  „Tätigwerden der Polizei wegen einer öffentlichen Ansammlung auf Grund eines Aufrufes oder dessen Weiterverbreitung in einem sozialen Netzwerk “ den vermeintlichen Verursacher:innen in Rechnung gestellt werden, „wenn die Ansammlung die öffentliche Sicherheit oder Ordnung beeinträchtigt“. Weiterhin sollen Betroffene zur Kasse gebeten werden, wenn die Polizei ihnen gegenüber „unmittelbaren Zwang“ anwendet, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. Die Höhe der Gebühr kann bis zu 50.000€ betragen, für die Berechnung soll die Dauer des Polizeieinsatzes, aber auch die Anfahrt sowie Vor- und Nachbereitung maßgeblich sein.

„Herbert Reul wünscht sich Friedshofsruhe, statt einer lebendigen Zivilgesellschaft“, kommentiert Bündnissprecherin Gizem Koçkaya die Neuregelung. „Demonstrationen, Aktionen des zivilen Ungehorsams und andere politische Protestformen haben immer das Anliegen, durch wohldosierte Störung für öffentliche Aufmerksamkeit zu sorgen. Durch die hohen Gebühren sollen die Menschen davon abgehalten werden, für ihre politische Meinung auf die Straße zu gehen. Kleinere Störungen, etwa des Straßenverkehrs, gehen von jeder Demonstration aus“, führt Koçkaya weiter aus.

Bündnissprecherin Lola Münch ergänzt: „Die Gebührenordnung wurde sogar vor der Anhörung zu einem Antrag der FDP-Fraktion geändert. Hier zeigt sich, dass Schwarz-Grün offenbar sogar die neoliberalen FDP-Vorschläge auf der rechten Spur überholen will. Herbert Reul agiert wie immer als harter Law & Order-Politiker, die Grünen widersprechen nicht. Auch wenn die Rechtsverordnung nicht im Landtag zustimmungspflichtig ist, hätten zumindest die Minister:innen von Bündnis 90/ Die Grünen im Kabinett ihr Veto einlegen müssen. Hier hat man entweder gepennt – oder man ist heimlich mit der Reul’schen Innenpolitik einverstanden.“

Hintergrund: Durch eine Verordnung des Innenministers Herbert Reul vom 08.08.2023, in Kraft getreten am 12.08.2023, sind in der Anlage der neuen Allgemeine Verwaltungsgebührenordnung für das Land Nordrhein-Westfalen die Punkte 2.1.1.5 und 2.1.1.6 bzgl. Flashmobs bzw. unmittelbarem Zwang hinzugekommen. Gebühren für Polizeieinsätze werden in Stundensätzen je angefangene Viertelstunde berechnet und können in Summe von bis zu 50.000 Euro erhoben werden. „Unmittelbarer Zwang“ beschreibt die Anwendung von u.a. körperlicher Gewalt durch Polizeibeamt:innen, um ein bestimmtes Verhalten zu erzwingen. Ein Beispiel für die Anwendung unmittelbaren Zwanges war vergangene Woche in Dortmund zu besichtigen. Dort rissen Ordnungskräfte einem Aktivisten des Solidaritätskreis Mouhamed gewaltsam Flyer aus der Hand, da sie der Auffassung waren, diese dürften nicht am Rande eines Marktplatzes verteilt werden. Nach der neuen Gebührenordnung würde dies dem Aktivisten möglicherweise auch noch in Rechnung gestellt.

Bündnis kritisiert geplante Verlängerung von Telekommunikationsüberwachung und elektronischer Fußfessel im Polizeigesetz NRW

+++ Schwarz-Grün will Überwachung für fünf Jahre weiterführen

+++ Grüne enttäuschen mit Zustimmung zum Polizeigesetz, das sie früher kritisierten

Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“ kritisiert die geplante Verlängerung der polizeilichen Befugnisse zur präventiven Telekommunikationsüberwachung sowie der Aufenthaltsüberwachung mit sog. elektronischen „Fußfesseln“. Der Entwurf für das „Siebte Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen“ sieht die Verlängerung der §§ 20c, 34c PolG NRW bis zum 31.12.2028 vor.

Bündnissprecherin Gizem Koçkaya erklärt: „Wir sind entsetzt, dass die Grünen das Polizeigesetz NRW nun unterstützen, obwohl sie vor fünf Jahren noch mit uns dagegen protestiert haben. Ohne die Zustimmung würden die §§ 20c, 34c PolG NRW zum Jahresende außer Kraft treten, das Gesetz wäre also teilweise entschärft. Die Zustimmung der Grünen ist  eine Verschärfung des Polizeirechts! Dabei hatten die Grünen vor der Wahl versprochen, die Verschärfungen aus dem Jahr 2018 zu korrigieren und die Grundrechte zu stärken.“

„Besonders scharf kritisieren wir die Verlängerung der Befugnis zur präventiven Telekommunikationsüberwachung in § 20c PolG NRW. Laut der Evaluation des LKA NRW wurde die TKÜ im letzten Jahr nur 18 Mal angewandt. Allein dass die Polizei die Befugnis hat, birgt jedoch die Gefahr erheblicher Grundrechtseingriffe. Die geringe Praxisrelevanz spricht dafür, die Befugnis ersatzlos zu streichen“, kommentiert  Bündnissprecherin Lola Münch. „Am Verfahren ist kritikwürdig, dass die Evaluation der §§ 20c, 34c PolG NRW nicht durch eine unabhängige wissenschaftliche Stelle, sondern durch das LKA stattgefunden hat. Im Evaluationsbericht erhalten fast nur polizeiliche Sichtweisen eine Stimme. Die Perspektive der Zivilgesellschaft ist bei dieser Landesregierung wohl zu unbequem“, führt Münch weiter aus.

Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“ setzt die Arbeit des Bündnisses „Polizeigesetz NRW stoppen“ fort. Bündnismitglieder beteiligen sich u.a. an der Verfassungsbeschwerde gegen das PolG NRW vor dem Bundesverfassungsgericht sowie gegen das Versammlungsgesetz vor dem Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen. Zudem unterstützt das Bündnis Betroffene polizeilicher Maßnahmen, etwa die Klage von Teilnehmer:innen der Demonstration am 26.06.2021 gegen den Polizeikessel.

Erster Teilerfolg gegen Polizeieinsatz vom 26.06.2021 vor Gericht

++ Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen“ erzielt ersten Teilerfolg vor Gericht – OVG NRW weist Beschwerde der Polizei Düsseldorf gegen Entscheidung des Verwaltungsgerichtes ab

++ Innenminister Reuls Versuch, den Protest als kriminell zu deklarieren, ist gescheitert

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zwischen dem Polizeipräsidium Düsseldorf und den Kläger:innen des Bündnisses „Versammlungsgesetz NRW stoppen“ wurde die Beschwerde der Düsseldorfer Polizei gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. Oktober 2022 mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 27. April 2023 zurückgewiesen. Die Polizei und das Innenministerium NRW hatten vergeblich versucht, die Klage der Demonstrationsleiter und anderer Kläger:innen wegen des Ausschlusses von etwa 300 Teilnehmer:innen und der gewaltsamen Eskalation der Polizei bei der Demonstration gegen das Versammlungsrecht am 26. Juni 2021 abzuweisen. Nach Ansicht von Polizei und Innenministerium NRW wäre das damalige Geschehen ausschließlich strafrechtlich zu betrachten gewesen, so die Argumentation der von dem Land NRW beauftragten Rechtsanwaltskanzlei Dolde Mayen und Partner aus Bonn. Dem widersprach auch das Oberverwaltungsgericht NRW und entschied, dass die Kläger:innen zurecht Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf erhoben haben.

„Das Polizeipräsidium Düsseldorf versucht nachträglich, die Demonstration vom 26.06.2021 zu kriminalisieren, indem sie suggeriert, vermeintliche Straftaten der Demonstrant:innen verfolgt zu haben. Tatsächlich hat sich die Polizei vor Ort auf die Gefahrenabwehr berufen – davon scheint sie nun nichts mehr wissen zu wollen, da sie bemerkt hatte, dass es keine rechtliche Grundlage für ein solches Vorgehen gab! Wir werden weiter vor den Gerichten gegen versammlungsfeindliche Maßnahmen vorgehen“, erklärt Martin Behrsing, Versammlungsleiter der Demonstration vom 26.06.2021 und einer der Beschwerdeführer der Verfassungsbeschwerde gegen das Versammlungsgesetz NRW.

Gizem Koçkaya, Sprecherin des Bündnisses „Versammlungsgesetz NRW stoppen“ und Klägerin gegen die Polizeimaßnahmen am 26.06.2021 ergänzt: „Die Polizei hat uns am 26.06.2021 stundenlang eingekesselt, als wir gegen Herbert Reuls repressive Politik protestiert haben. Dies wurde immer wieder mit absurden Argumenten gerechtfertigt, etwa dass hochgehaltene Transparente oder die damals rechtlich vorgeschriebenen Corona-Masken als Vermummung anzusehen seien. Wir streiten vor Gericht dafür, dass der Polizeieinsatz als das anerkannt wird, was er war: rechtswidrig und versammlungsfeindlich!“

Bei der Demonstration am 26. Juni 2021 in Düsseldorf hatte das Bündnis das damals noch im Gesetzgebungsverfahren befindliche Versammlungsgesetz NRW wegen seiner weitreichenden Einschränkungen der Versammlungsfreiheit kritisiert. Die Polizei reagierte auf die Demonstration mit einem gewaltsamen Einsatz, bei dem Journalist:innen verletzt und über 300 Versammlungsteilnehmer:innen rechtswidrig eingekesselt wurden. Seit der Demonstration klagt das Bündnis vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen den Polizeieinsatz. Zudem hat das Bündnis gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte Beschwerde gegen das Versammlungsgesetz NRW vor dem Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen erhoben.

Hausdurchsuchung in Siegen auf Grundlage des Versammlungsgesetzes in NRW

+++ Hausdurchsuchung in Siegen auf Grundlage des Versammlungsgesetzes in NRW

+++ Strafvorwurf lautet, ohne Anmeldung gegen einen AfD-Infostand protestiert zu haben

+++ Bündnis Versammlungsgesetz NRW stoppen hält Strafandrohung für Nichtanmeldung für verfassungswidrig

Das neu eingeführte Versammlungsgesetz in NRW stellt das Leiten von Versammlungen ohne Anmeldung unter Strafe. Anfang Januar wurde nun einer Person in Siegen vorgeworfen, ohne Anmeldung gegen einen AfD-Infostand protestiert zu haben. Das zuständige Amtsgericht bestätigte daraufhin eine Hausdurchsuchung bei dieser Person, die am 12.01.2023 unter Anwendung von körperlicher und psychischer Gewalt durchgeführt wurde. Laut einer Pressemitteilung der Roten Hilfe Siegen wurde die beschuldigte Person mit Handschellen fixiert, dazu genötigt ihre Notdurft zu verrichten, während ein Hund mit ihr in der Toilette eingesperrt war und bedrängt, die PINs für ihre elektronischen Geräte mitzuteilen.

Lola Münch erklärt: „Solche Erfahrungen hinterlassen den Beigeschmack, dass jede Form von politischer Meinungsäußerung auf der Straße diffuse Verfolgungen durch staatliche Organe bis in die eigene Wohnung nach sich ziehen kann. Insbesondere spontane politische Beteiligung wird dadurch unmöglich gemacht.“ 

Mit dem neuen Versammlungsgesetz in NRW (seit Janur 2022 in Kraft) kann schon eine Ansammlung von mind. 3 Personen, die ihre politische Meinung äußern, als Versammlung angesehen werden und die Polizei auf den Plan rufen. Auch eine solche Kleinstversammlung muss laut dem sehr restriktiven Versammlungsgesetz VORHER unter Nennung seines Namens und weiterer verpflichtender Angaben bei der Polizei angemeldet werden. Wer dies nicht tut, kann laut § 27 (1) VersG NRW mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden.

Nur Veranstalter:in oder Leiter:in einer Versammlung sind laut VersG NRW zu einer Anmeldung verpflichtet. Bereits die Begründung des Gesetzesentwurfs ließ allerdings erkennen, dass in Zukunft bei Versammlungen ohne Leiter:in diese Pflicht auch dadurch durchgesetzt werden können soll, dass die Polizei das Verhalten einer Person als sogenannte „faktische Leitung einer Versammlung“ einordnet. Dieser Umstand, dass die Polizei vor Ort hier ein politische Entscheidung treffen darf, und die drohenden Konsequenzen stehen der Selbstorganisation demokratischer Versammlungen entgegen. Zudem nennt Artikel 8 GG ausdrücklich das Recht zur Versammlung OHNE Anmeldung als Grundrecht. Die gesetzlich vorgesehene Bestrafung einer Nichtanmeldung ist daher verfassungswidrig, eine darauf gestütze Hausdurchsuchung erst recht.

„Das Versammlungsgesetz erkennt weiterhin das Recht darauf an, aus aktuellem Anlass augenblicklich eine Spontanversammlung ohne Anmeldung zu bilden. Deswegen fragen wir uns, warum ein Informationsstand, mit dem die AfD Passant:innen für sich gewinnen will, nicht genau so einen aktuellen Anlass darstellen sollte.“, kritisiert Lola Münch, eine der Sprecher:innen des Bündnisses gegen das Versammlungsgesetz.

Aus diesem Grund hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) bereits am 04.01.2023 gemeinsam mit dem Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen!“ eine Verfassungsbeschwerde gegen das seit Januar 2022 geltende Versammlungsgesetz NRW eingereicht. Iris Bernert-Leushacke, eine der Beschwerdeführer:innen, sagt hierzu: „Wir wehren uns dagegen, dass ein dermaßen undemokratisches Versammlungsgesetz dazu führt, dass die Versammlungsfreiheit in NRW massiv beschränkt wird.“ Mit der Verfassungsbeschwerde will die GFF ähnlichen Tendenzen bei der Gestaltung künftiger Landesversammlungsgesetze vorbeugen und so eine schrittweise Aushöhlung der Versammlungsfreiheit verhindern.

Gegen die angedrohte Hausdurchsuchung in Siegen wurde Beschwerde eingelegt. „Wir fordern, dass die Gerichte  noch in der Lage sind, der Polizei und ihren immer größer werdenden Handlungsbereichen Einhalt zu gebieten. Eine von Neonazis durchzogene Polizei, die sich eigenständig in der Verfolgung Einzelner austoben kann, gefährdet die demokratische Meinungsbildung.“, so Lola Münch.

Bündnis kritisiert Ablehnung eines Versammlungsleiters durch die Polizei Wuppertal

+++Polizei Wuppertal will Versammlungsleiter einer Demonstration gegen Polizeigewalt ablehnen

+++Bündnis kritisiert unverhältnismäßigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit durch neues Versammlungsgesetz

Am 07.01.2022 ist das äußert repressive Versammlungsgesetz NRW in Kraft getreten. Kritiker:innen hatten während des Gesetzgebungsprozess gewarnt, das Gesetz greife massiv in das Selbstbestimmungsrecht von Demonstrationen ein und könne Bürger:innen von der Wahrnehmung ihrer Versammlungsfreiheit abschrecken. Nur wenige Tage nach dem Inkrafttreten des freiheitsfeindlichen Gesetzes zeigen sich dessen katastrophale Auswirkungen.

§ 12 Abs. 1 VersG NRW erlaubt der Polizei, eine Person als Versammlungsleitung abzulehnen, wenn sie davon ausgeht, dass durch diese Person die öffentliche Sicherheit gefährdet wird. Das Polizeipräsidium Wuppertal versucht damit nun, einen offenbar nicht genehmen Anmelder des „Forums gegen Polizeigewalt und Repression“ als Versammlungsleiter  loszuwerden. Mit Schreiben vom 13.01. teilte das Polizeipräsidium dem Anmelder mit, ihn für eine am 29.01. in Wuppertal geplante Demonstration als Leiter ablehnen zu wollen. Die Demonstration soll unter anderem an den kürzlich unter ungeklärten Umständen in Polizeigewahrsam verstorbenen Georgios Zantiotis erinnern.

„Die Aktion zeigt, dass das Gesetz ein Versammlungsverhinderungsgesetz ist“, erklärt Bündnissprecherin Gizem Koçkaya. „Kaum ist das Gesetz in Kraft, bedient sich die Polizei der neuen Instrumente, um unbequemen Demonstrationen das Leben schwer zu machen. Es zeigt sich einmal mehr, dass auch die Polizei ein politischer Akteur und keine neutrale Behörde ist!“

Bündnissprecherin Lola Münch ergänzt: „Die im Grundgesetz garantierte Versammlungsfreiheit schützt das Selbstbestimmungsrecht einer jeden Versammlung. Dazu gehört auch das Recht, die Leitung der eigenen Versammlung zu bestimmen. Darin wird massiv eingegriffen, wenn die Polizei einen Versammlungsleiter ablehnt. Zur Begründung werden polizeiliche Ermittlungen zu Straftatvorwürfen genannt, ohne dass diese zu rechtskräftigen Verurteilungen geführt haben. Die Unschuldsvermutung und die Versammlungsfreiheit dürfen nicht durch willkürliche Polizeimaßnahmen ausgehebelt werden! Wir solidarisieren uns mit dem Forum gegen Polizeigewalt und Repression und rufen dazu auf, am 29.01. zur Demonstration in Wuppertal zu kommen.“

Erster Prozess gegen einen Teilnehmer der Großdemonstration gegen das Versammlungsgesetz NRW vor dem Düsseldorfer Amtsgericht 

+++ Erster Prozess gegen einen Teilnehmer der Großdemonstration gegen das Versammlungsgesetz NRW vor dem Düsseldorfer Amtsgericht

+++ Angeklagter wurde in einer Tiefgarage von der Polizei drangsaliert

Gegen das das mittlerweile verabschiedete Versammlungsgesetz NRW protestierten am 26.06.2021 in Düsseldorf etwa 10.000 Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung. Dabei kam es zu erschreckenden Szenen von Polizeigewalt, die Empörung auslösten. Am Mittwoch beginnt der Gerichtsprozess gegen einen Aktivisten, dessen Festnahme von anwesenden Journalist:innen gefilmt und das gewaltsame Handeln der Polizei dokumentiert wurde. Es ist zu vermuten, dass die Staatsanwaltschaft mit dieser Anklage und im weiteren Verlauf mit der Verhandlung ein Exempel statuieren will. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet tätlicher Angriff auf und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Der Aktivist, der gerade die Demonstration verließ, wurde ohne unmittelbaren Anlass und ohne dass ihm der Grund für die Festnahme genannt wurde von mehreren Polizist:innen aus einer friedlichen Gruppe von Menschen heraus gezogen und in ein Parkhaus gedrängt. Dort wurde er, wie auf dem Video zu sehen ist, mit brutaler Gewalt auf dem Boden fixiert. Seine starken Schmerzen sind deutlich erkennbar. Sanitäter:innen, Presse und einer Rechtsanwältin wurde der Zugang verwehrt.

„Diese äußerst brutale Festnahme ist skandalös! Wir rufen auf zur kritischen Prozessbeobachtung und zu einer Kundgebung parallel zu der Verhandlung. Zeigen wir unsere Solidarität, denn die ist stärker als die Repression, die wir erfahren“, erklärt Bündnissprecherin Gizem Koçkaya. Die Verhandlung wird am 19.01.2022 um 9:30 Uhr im Amtsgericht Düsseldorf stattfinden.

Das neue Versammlungsgesetz NRW darf in dieser Form nicht bestehen bleiben

Die Geister, die CDU und FDP riefen, werden sie nun nicht mehr los! Demonstrierende mit Frontbanner.+++ Das neue Versammlungsgesetz NRW darf in dieser Form nicht bestehen bleiben

+++ CDU und FDP werden die Geister, die sie riefen, nicht mehr loswerden

Nachdem heute mit der hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme CDU und FDP das Versammlungsgesetz NRW – gegen den Widerstand der demokratischen Oppositionsparteien und eines gesellschaftlich sehr breit aufgestellten Bündnisses – durch“gejagt“ haben, kündigt das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ mit allen demokratischen Mitteln Widerstand gegen dieses Gesetz an. Das Bündnis wird es nicht hinnehmen, dass NRW das autoritärste und undemokratischste Versammlungsgesetz in der Bundesrepublik Deutschland hat.

„Die Geister, die CDU und FDP riefen, werden sie nicht wieder loswerden. Insbesondere können sich die beiden Parteien schon jetzt darauf einstellen, dass wir besonders im Wahlkampf dieses Gesetz immer wieder zum Thema Nummer Eins machen. Dass CDU und FDP noch schnell vor Weihnachten das Gesetz durch das Parlament gepeitscht haben, lässt erahnen, wie wenig erfreut sie über die damit heraufbeschworene breite Protestbewegung waren. Doch gerade mit diesem Verfahren hat die Regierung ein weiteres Beispiel für ihr zweifelhaftes Demokratieverständnis geboten, mit dem sie sich auch im Wahlkampf konfrontiert sehen wird.“, erklärt Gizem Koçkaya.

Neben öffentlichkeitswirksamen Aktionen will das Bündnis auch zu juristischen Mitteln gegen das Versammlungsgesetz greifen. So erscheint eine Verfassungsbeschwerde aussichtsreich, da Vieles im Gesetz aus Sicht des Bündnisses verfassungswidrig ist und oder der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts widerspricht. Daran haben auch die von CDU und FDP vorgenommenen Änderungen nichts geändert, da dies allenfalls kosmetische Korrekturen sind.

„Bereits Anfang des Jahres 2022 werden wir einen Aktionsplan ausarbeiten und den dann gezielt umsetzen, damit deutlich wird, welches undemokratische Gesetz in NRW vorherrscht. Demonstrationen und Versammlungen werden als Gefahr angesehen und nicht polizeikonformes Verhalten wird unter Strafe gestellt. Welchen Nährboden CDU und FDP da für rechte Parteien bereitet haben, ist ihnen wohl nicht bewusst. Eine Verschiebung des konservativen Spektrums im Parteiensystem nach rechts droht aber nicht zuletzt auch in den Parlamenten und auf den Straßen“, so Gizem Koçkaya weiter.

Morgen Abstimmung im Landtag

Für wen gilt das zukünftige Versammlungsgesetz NRW? Für Coronaleugner, Schwurbler und gefährliche Neonazis anscheinend nicht! Polizei steht auf derangiertem Versammlungsbanner.+++ Für wen gilt das zukünftige Versammlungsgesetz NRW? – Für Coronaleugner, Schwurbler und gefährliche Neonazis anscheinend nicht!

+++ Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ zur morgigen Abstimmung im Landtag über das geplante Versammlungsgesetz:

„Die Landesregierung verabschiedet morgen voraussichtlich das versammlungsfeindlichste Versammlungsgesetz aller Bundesländer und tritt damit das Grundrecht auf Versammlungen mit Füßen. Gerade nach dem vergangenen Wochenende, an dem mehrere tausend Impfgegner und offensichtliche Rechtspopulisten durch Düsseldorf liefen, ist das Gesetz eine Farce.

Wir fragen uns, schützen CDU und FDP absichtlich Nazis und schon längst radikalisierte Querdenker, die sich als bürgerliche Mitte ausgeben? So konnten 2.500 Querdenker, Rechtsextremisten und Coronaleugner am Samstag – ohne Einhaltung der Coronaregeln – demonstrieren und wurden nur von vier Motorradstreifen begleitet. Bei den drei Demos gegen das Versammlungsgesetz-NRW war dagegen ein massives Polizeiaufgebot zugegen und hatte auch keine Mühe die erste Demo in Düsseldorf am 26. Juni 21 zu eskalieren. Und auch gegen Umweltaktivist:innen und soziale Bewegungen geht die Polizei regelmäßig hart vor und versucht sie an der Ausübung ihres demokratischen Rechts zu hindern.

Die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte bei ihrem Amtsantritt, dass Rechtsterrorismus und Rechtsextremismus die höchste Bedrohungslage in der Bundesrepublik sind und sie deren Bekämpfung die höchste Priorität gebe. Gilt das auch für NRW, wo die Landesregierung mit dem Gesetz Antifaschist:innen von Gegenprotesten abhalten will, damit Nazis ungehindert ihre menschenverachtenden Parolen auf die Straße tragen können? Außerdem wird Anmelder:innen und Ordner:innen mit dem neuen Gesetz deutlich erschwert, ihr Recht auf Versammlungen auszuüben. Das beste Beispiel haben wir am Sonntag in Duisburg gesehen. Die Demonstranten von PEGIDA NRW wurden von der Polizei nicht angehalten, die Corona-Auflagen zu erfüllen. Der friedliche Gegenprotest wurde jedoch schikaniert, die Polizei unternahm nichts gegen das Abfilmen der Demonstrierenden durch die Nazis, untersagte wiederum den Antifaschist:innen dieses jedoch.

Herbert Reul, Sie stellen sich mit einem solchen Verhalten klar auf die Seite von Nazis, Rechtsextremen, Impfgegnern und Verfassungsfeinden. Wie passt das dazu, dass Rechtsextreme offen zum Mord am sächsischen Ministerpräsidenten aufrufen? Wo ist hier die vielbeschworene Härte des Gesetzes, die sie bei linken Demonstrationen und auch unserer Großdemo im Juni, reflexartig rausholen? Hier wird eindeutig mit zweierlei Maß gemessen. Und wo bleibt der liberale Aufschrei der NRW-FDP, die sonst keine Gelegenheit auslässt Bürgerrechte angeblich zu verteidigen?“

Auch nach kosmetischen Korrekturen bleibt das Versammlungsgesetz NRW versammlungsfeindlich

+++ Auch nach kosmetischen Korrekturen bleibt das Versammlungsgesetz NRW versammlungsfeindlich

+++ FDP enttäuscht als Bürgerrechtspartei und segelt Reuls Kurs mit

+++ NRW hat „liberale“ Partei in der Regierung, aber bekommt das „illiberalste“ Versammlungsrecht in ganz Deutschland

Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten!“ bezeichnet das geplante Versammlungsgesetz NRW auch nach den am Montag bekannt gegebenen Änderungen weiterhin als versammlungsfeindlich. „Nach wie vor werden Versammlungen offensichtlich als Gefahr angesehen, obwohl sie Grundpfeiler der Demokratie sind“, so Bündnissprecherin Gizem Koçkaya.

Versammlungsfreiheit zertreten! Herbert Reul gefällt das! Ein mit FDP und CDU überschriebener Schuh tritt auf Paragraphenzeichen und die Wörter Grundrechte, Pressefreiheit, Demokratiie, Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit.

Zwar sind nunmehr „nicht auf Behinderung zielende kommunikative Gegenproteste“ und das Tragen ähnlicher Kleidung erlaubt. Insgesamt bleibt der Gesetzentwurf weiterhin in großen Teilen verfassungswidrig oder widerspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung.

„Die angebliche Entwarnung im Bezug zum geplanten Versammlungsgesetz vom stellvertretenden Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) anlässlich der Demonstration am 30. Oktober in Köln hat sich als Nebelkerze herausgestellt. NRW hat zwar eine „liberale“ Partei in der Regierung, bekommt aber das „illiberalste“ Versammlungsrecht in ganz Deutschland. Die FDP spricht immer von der Verteidigung der Freiheit, mit diesem Gesetz schränkt sie die für unsere Demokratie so wichtige Versammlungsfreiheit enorm ein“, sagt Gizem Koçkaya. „Auch wenn das Gesetz nun voraussichtlich mit der hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme von CDU und FDP beschlossen wird, muss die Regierung damit rechnen, dass wir weiterhin Druck machen und zusätzlich alle juristischen Schritte dagegen ausschöpfen werden.“

An den hochproblematischen Befugnissen zur Videoüberwachung von Versammlungen ändert sich fast nichts. Der Änderungsantrag stellt sogar klar, dass Drohnen eingesetzt werden dürfen, wenn die Versammlungsteilnehmenden darauf hingewiesen werden. Weil die Videobeobachtung schon bei „Unübersichtlichkeit“ von Versammlungen zulässig sein soll, geht das Bündnis davon aus, dass jede größere Demo in Zukunft gefilmt wird. Nur in den seltenen Fällen einer Versammlung in geschlossenen Räumen soll die Befugnis zu Übersichtsaufnahmen ausgeschlossen sein. Auch das heimliche Filmen, sogenannte „verdeckte Aufnahmen“, sollen weiter möglich sein. „Zudem dürfen die Aufnahmen für bis zu ein Jahr gespeichert und für verschiedene Zwecke genutzt werden. Völlig ohne Zeitbegrenzung scheint zudem die Speicherung der Erkenntnisse über Ordner:innen zu sein“, moniert das Bündnis.

Auch die abschreckenden Kontrollstellen soll es weiterhin geben. Zwar werden die Voraussetzungen konkretisiert (tatsächliche Anhaltspunkte für das Mitführen von Waffen und anderen verbotenen Gegenständen) und eine Identitätsfeststellung soll erst nach dem Auffinden entsprechender Gegenstände erfolgen. Das Polizeigesetz bleibt aber trotzdem anwendbar. Auch knüpft die Suche nach verbotenen Gegenständen an das Vermummungs-, Schutzausrüstungs- und Militanzverbot an. Die Polizei hätte also einen viel zu großen Spielraum, was sie als „Vermummung“, „Schutzausrüstung“ oder „uniformähnliches Kleidungsstück“ wertet.

Ebenso wird die Anmeldung von Demonstrationen weiterhin erschwert, auch wenn sich die Anmeldefrist formal nicht verlängert. Die Versammlungsleitung wird stärker zur Kooperation mit der Polizei gedrängt und muss auf Verlangen der Polizei die Daten der Ordner:innen aushändigen. Damit wird es schwieriger, Menschen zu finden, die diese wichtigen Aufgaben übernehmen. Der Versammlungsleiter kann auch weiterhin nur mit Zustimmung der Polizei Teilnehmer:innen von der Demo ausschließen.

„Die FDP hat es nun Innenminister Reul ermöglicht, dass seinem gesteigerten Interesse an Bestrafung von Demonstrationsteilnehmenden Genüge getan wird und diese zum Teil mit drastischen Geldbußen belegt werden können. Beispielsweise werden Blockaden und Blockadetrainings generell unter Strafe gestellt. Dies, obwohl es zu letzteren bereits seit 2011 ein Urteil des OVG-NRW gibt. Danach sind Blockadetraining keine Vorbereitung einer Straftat. In Zukunft wird damit jede Form von Blockierungen strafbar, obwohl z. B. Sitzblockaden Versammlungen nach Artikel 8 des Grundgesetzes sind. Die FDP ignoriert hier Grundrechte, die ausdrücklich durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt wurden. Als angebliche Bürgerechtpartei ist das ein Armutszeugnis“, kritisiert Bündnissprecherin Lola Münch.

Kundgebung am Landtag gegen das geplante Versammlungsgesetz NRW – Gerhart Baum und Agnes Strack-Zimmermann um Unterstützung gebeten

+++ Kundgebung am Landtag gegen das geplante Versammlungsgesetz NRW (8. Dezember)
+++ In mehreren Städten in NRW gab es am Samstag Demonstrationen und Kundgebungen gegen das Gesetzesvorhaben
+++ Bündnis bittet Gerhart Baum und Agnes Strack-Zimmermann um Unterstützung

Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“ will am Mittwoch (8. Dezember) während der Sitzung des nordrhein-westfälischen Innenausschusses eine Kundgebung gegen das geplante Versammlungsgesetz vor dem Landtag abhalten. Dort soll vermutlich das geplante Gesetzesvorhaben abschließend beraten werden und eine Woche später im Landtag verabschiedet werden. Die von Seiten der FDP angekündigten Änderungen liegen bislang als Änderungsantrag nicht vor. Bereits am Samstag, dem 4. Dezember, gab es im Rahmen eines landesweiten Aktionstages Demonstrationen oder Kundgebungen gegen das geplante Gesetz. Derweil hatte das Bündnis den ehemaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum und die Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Agnes Strack-Zimmermann (beide FDP) um Unterstützung gebeten, damit das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit erhalten bleibt.

Bereits vergangene Woche hatten zahlreiche Teilnehmer:innen des Bündnisses einen Musterbrief (1) genutzt, um die jeweiligen Abgeordneten der FDP-NRW ihres Wahlkreises anzuschreiben. Darin wurde die FDP an ihre Betonung der Bürger- und Freiheitsrechte erinnert. Außerdem wurde appelliert, dass das Gesetzesvorhaben nicht so hastig vor Weihnachten verabschiedet werden kann. Vielmehr sollte vorher ein breiter Bürger:innen-Dialog zugelassen werden. Alles andere sei intransparent. Bisher hat jedoch nur Marcus Heidrich, FDP-Fraktionsgeschäftsführer, geantwortet. Darin hatte er angekündigt, dass für die FDP bereits bei Einbringung des Gesetzesentwurfs feststand, dass der Gesetzentwurf wegen der Abschreckungswirkung für die Teilnahme an Demonstrationen so nicht verabschiedet werden dürfe. So sehe die FDP pauschale, anlasslose Kontrollstellen zur Identitätsfeststellung äußerst kritisch. „Der fälschliche Eindruck, die Reform ziele darauf ab, Versammlungsteilnehmer im Vorfeld von staatlicher Seite registrieren zu lassen“, sei nicht Zielsetzung der FDP-Fraktion. „Auch die Vorgaben beim vorgesehenen Störungsverbot gehen aus unserer Sicht zu weit. Verhältnismäßigkeit gilt es ebenso hinsichtlich der Befugnisse der Polizei zu wahren: Weitreichende Befugnisse zur Bild- und Tonaufzeichnung z.B. in geschlossenen Räumen, sehen wir kritisch. Selbiges gilt für die Regelung zum Militanzverbot. Der zu weitreichende Regelungsansatz ist aus unserer Sicht nicht zielführend“, so Heidrich in seinem Antwortschreiben.

Dazu Bündnissprecherin Gizem Koçkaya: „Wir stellen fest, dass außer Ankündigungen der FDP bisher noch nichts passiert ist. Anscheinend soll das Versammlungsgesetz noch schnell vor Weihnachten verabschiedet werden, um es aus dem bevorstehenden Wahlkampf herauszuhalten. Die Regierungsparteien haben wohl Angst vor schlechter öffentlicher Stimmung im Wahlkampf. Wir kündigen bereits schon jetzt an: Sollte das Gesetz tatsächlich ohne einen breiten öffentlichen Diskurs verabschiedet werden, werden wir dieses Gesetz nicht aus dem Wahlkampf heraushalten und den Druck erhöhen.“

(1) Musterschreiben an die FDP
(2) Antwortschreiben des FDP-Fraktionsgeschäftsführers Marcus Heidrich